Als Studenten getarnte Salafisten bald in Dersim?

15, Dezember. 2020 Dienstag - 08:48

  • Für das Sommersemester 2021 haben über 600 internationale Studierende eine Zulassung für einen Studiengang an der staatlichen Munzur-Universität in Dersim erhalten. Die Zusammensetzung beunruhigt die alevitisch-kurdische Provinz allerdings.

Die groß angelegte Assimilationspolitik des türkischen Staates in der alevitisch-kurdischen Provinz Dersim bekommt nach Angaben des Istanbuler HDP-Abgeordneten Ali Kenanoğlu eine neue Dimension. Für das Sommersemester 2021 haben mehr als 600 internationale Studierende eine Zulassung für einen Studiengang an der Munzur-Universität, die als Zentrum der Indoktrination im Sinne des Regimes gilt, erhalten. Die Zusammensetzung ist allerdings beunruhigend: bei mehr als 90 Prozent der ausländischen Studierenden handele es sich um Staatsangehörige von Ländern wie etwa Syrien, Somalia, Libyen, dem Jemen und Irak – Regionen, in denen die Türkei intensiv mit Bildungseinrichtungen zur Stärkung der Soft Power aktiv ist, wie etwa über die staatliche Maarif-Stiftung, sowie militärisch interveniert oder zumindest präsent ist, um ihren Führungsanspruch in der islamischen Welt durchzusetzen. Kenanoğlu warnt explizit davor, dass es sich bei den künftigen Studenten in Dersim um Anhänger der salafistischen Denkschule handeln könnte.

Kenanoğlu: Wir sind mehr als alarmiert

„Von staatlichen Universitäten erwarten wir, dass sie im Einklang mit der bestehenden Kultur und Geschichte der Stadt und der Struktur ihres Sozialraums handeln. Erwartungsgemäß sollte die Universität Munzur daher alle Facetten des Alevitentums, der Sprachenvielfalt, Bräuche, Traditionen und Strukturen in Dersim richtig erfassen, fördern und schützen“, sagte Kenanoğlu am Montag im Parlament in Ankara. Die Handlungsgrundlage dieser Hochschule bilde allerdings die Zerstörung des ethno-kulturellen, linguistischen und ethno-religiösen Mosaiks von Dersim. „Es ist mehr als alarmierend, dass die künftigen Auslandsstudenten nahezu vollständig aus islamisch sowie islamistisch geprägten Ländern stammen.“

Mehr als 400 Studenten aus Syrien

Allein 422 der insgesamt 609 ab dem Frühjahr in Dersim lebenden ausländischen Studierenden seien syrische Staatsangehörige, weitere 31 aus Somalia, 30 aus Ägypten und 76 aus Afghanistan, Bangladesch, Jordanien, Marokko, Libyen, Irak und Iran, so Kenanoğlu. „Gerade für die alevitische Bevölkerung in Dersim ist es vor diesem Hintergrund von existenzieller Bedeutung zu erfahren, welche politischen, ideologischen und religiösen Ansichten diese Studenten pflegen.“ Mit Blick auf das staatliche Bestreben der Assimilation und den Erfahrungen mit der Munzur-Universität, rufe der Gedanke an 600 mutmaßlich islamistische Personen in der gerade mal 35.000 Einwohner zählenden Provinzstadt tiefe Besorgnis hervor. Die Universitätsleitung dagegen hält sich weitgehend bedeckt. Anfragen bezüglich der Thematik wurden bislang ignoriert.

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